Heute hat der Bundesgerichtshof anlasslose Dashcam-Videoaufnahmen öffentlicher Straßen zwar für illegal, in Zivilprozessen aber dennoch für verwertbar erklärt. Patrick Breyer, Themenbeauftragter für Datenschutz der Piratenpartei, fordert Gegenmaßnahmen gegen Dashcam-Hersteller und -Nutzer:
„Eine anlasslose Dashcam-Videoüberwachung im öffentlichen Raum erfasst eine Vielzahl völlig unbeteiligter Personen und ist nach dem heutigen Gerichtsurteil illegal. Die verbreitete rücksichtslose Dashcam-Manie darf sich für die Verantwortlichen nicht lohnen!“
Die Piraten schlagen daher vor, nicht nur ein empfindliches Bußgeld gegen den beim Bundesgerichtshof vorstelligen Magdeburger Autofahrer zu verhängen, sondern auch dem Bundesverband der Verbraucherzentralen, in einem Musterverfahren den Vertrieb von Dashcams abzumahnen, die datenschutzwidrig eine anlasslose Aufzeichnung unbescholtener Verkehrsteilnehmer vornehmen. Dazu Breyer:
„Solche illegale Überwachungstechnik darf in unseren Läden nicht zu Geld gemacht werden. Dashcams dürfen nur auf Knopfdruck aktivierbar sein und nicht permanent aufzeichnen. Wir PIRATEN wollen nicht, dass Bürgerinnen und Bürger in einer Welt leben müssen, in der jede Bewegung aufgezeichnet und gegen uns verwendet werden kann! Andernfalls droht das Entstehen einer zunehmend gleichförmigen Misstrauensgesellschaft.“
PIRATEN halten auch ein gesetzliches Verwertungsverbot anlasslos angefertigter Überwachungsfilme für nötig, die selbst von ‚Hobby-Knöllchenjägern‘ schon zur Anzeige von Verkehrsverstößen genutzt werden. Im Gegensatz zu anlassbezogenen Aufnahmen ist ein Dauerfilmen mit automatischem Überschreiben keine akzeptable Lösung, weil dieses Verfahren an der permanenten Überwachung des öffentlichen Raums nichts ändert.
„Dashcams dürfen nur auf Knopfdruck aktivierbar „…
Und in welchen Jahrhundert lebt der Autor?
Sorry, diese Forderungen muten eher nach Rache an dafür, gegen Datenschutzgesetze verstoßen zu haben.
Die Ursachen die zum Einsatz von Dashcams führen werden dabei genausowenig gewürdigt, wie das Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger, die nicht einsehen, dass Menschen, die im Strassenverkehr von anderen verletzt oder geschädigt wurden, nun zu Tätern gemacht werden.
Zumal dieser Kommentar offenbar bewusst ausblendet, was das BGH weiterhin sagte:
Die Aufzeichnung war nur deswegen ein Verstoß gegen das BDSG, da sie permanent war. Wäre sie anders erfolgt, wäre es legal gewesen.
Weiterhin publizierte das BGH:
Der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer (mitgefilmter) Verkehrsteilnehmer führt nicht zu einer anderen Gewichtung. „
Piraten haben früher Dogmen abgelehnt und -wie auch jetzt das BGH- eine Abwägung gefordert. Aber noch mehr haben sie einseitige manipulative Berichterstattung abgelehnt.
Und da wundern sich die Piraten dass sie bei solchen Forderungen/Statements nur noch zu einer unbedeutenden Splitterpartei verkommen sind? Ich schäme mich geradezu die Partei in der Vergangenheit unterstützt, gewählt zu haben.
Ein Ex- Mitglied
Hallo xwolf,
du zitierst aus der BGH-Pressemitteilung, doch vor deinem Zitat heißt es dort: „Sie verstößt gegen § 4 BDSG, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgt ist und nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden kann.“ Wenn es dann heißt, „jedenfalls“ eine Aufzeichnung ohne Überschreiben sei unzulässig, lässt der BGH die Frage offen. Dazu hat sich aber ein anderes Gericht geäußert, und zwar abschlägig: http://www.gesetze-bayern.de/(X(1)S(itxynfzjigxgbvfvjzpxqh13))/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2014-N-60037
Zuständig für Anordnungen der Aufsichtsbehörden sind die Verwaltungsgerichte, nicht der BGH.
Eine anlasslose dauerhafte Aufzeichnung mit Überschreiben, Prinzip Bodycam, lehne ich ab. Das läuft auf eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung und permanente Überwachung hinaus. Ob gelöscht wird, wissen die Betroffenen nicht. Das ist Generalverdacht.
Beste Grüße
Patrick
Herr Breyer hat nun mal Zeit ohne Ende und beschäftigt sich anscheinend mit allem was seiner Paranoia in Bezug auf Videoüberwachung (von der wir übrigens viel mehr im öffentlichen Raum brauchen!) entspricht. Nur – ändern wird er nichts, aber auch gar nichts! Und das ist gut so.
Da wurde sich so viel mühe gegeben…
Es wurde auf Zivilprozesse eingeschränkt, die generelle dauerhafte Speicherung muss unterbunden sein, die speicherung darf nur bei einem Unfall passieren (das auslösen über die sensoren wesentlich weniger missbrauch zulässt als ein Knopfdruck sollte noch erwähnt werden, aber das ist eine andere sache)
Und vom Datenschutz her, Welche Firma, Gesellschaft oder Regierungsabteilung wäre zu erwarten da ran zu wollen? Haben uns 20(?) Jahre von Dashcam Videos im TV oder Internet nicht gezeigt, dass die nur von Privatleuten missbraucht werden, und zumindest außerhalb des privaten onlinestellens, ordnungsgemäß zensiert wird?“
Rückblickend auf die anderen Länder, wo das schon längst üblich ist, welche negativen Effekte habt ihr gesehen, dass Ihr den Nutzen für so unverhältnismäßig gering haltet?
Und ist dieser Blog am ende tatsächlich der Richtige Platz um im Namen der Piraten zu sprechen bei einem Thema, das vorher nicht zumindest zu einer simplen Abstimmung stand innerhalb der Piraten?
Wenn ich mit meinem Auto einem Tier ausweiche um diesem das Leben zu retten, mein Auto dadurch aber einen enormen Schaden nimmt, dann bin ich froh darum, meine Dashcam zu haben weil mir die Versicherung sonst nur einen Vogel zeigt. Keine Tier-Spuren am Auto weil das Tier nicht getroffen wurde und schon hat man Pech gehabt, weil einem nicht geglaubt wird.
Ich bin froh, wenn Dashcams erlaubt werden. Und ja, Sie müssen aufzeichnen. Man hat wohl im ernstfall kaum Zeit dazu, die Dascam noch zu aktivieren.
Hallo Patrick, danke für deine Antwort.
erstmal zum zweiten Teil. Du schriebst: „Eine anlasslose dauerhafte Aufzeichnung mit Überschreiben, Prinzip Bodycam, lehne ich ab. Das läuft auf eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung und permanente Überwachung hinaus. Ob gelöscht wird, wissen die Betroffenen nicht. Das ist Generalverdacht.“
Das Gericht hat jedoch in seinem Text geschrieben: „Das Geschehen ereignete sich im öffentlichen Straßenraum, in den sich der Beklagte freiwillig begeben hat. Er hat sich durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind. Rechnung zu tragen ist auch der häufigen besonderen Beweisnot, die der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens geschuldet ist. “
Es ist natürlich vollkommen in Ordnung, dass du da anderer Meinung bist. Doch wenn, dann mach es dir bitte nicht so leicht. Ausgangspunkt der Aufzeichnung via Dashcam ist ein legitimes Bedürfnis der Bürger zu ihren Recht zu kommen. Die Verbreitung von Dashcam ist nicht darin begründet, dass Menschen andere Menschen aufzeichnen wollen, sondern sie wollen sich selbst verteidigen gegen Schäden durch andere. Viele Fälle im Strassenverkehr sind im späteren Verlauf nicht eindeutig nachvollziehbar. Aussagen stehen gehen Aussagen. Dies führt dazu, dass Geschädigte vor Gericht nicht zu ihrem Recht kommen.
Du willst ihnen diese Möglichkeit entziehen.
Und zwar aufgrund einer abstrakten Gefahr der Überwachung durch den Staat?
Der ist hier allerdings gar nicht involviert. Hier geht es um das Verhältnis Bürger gegen Bürger.
Das Datenschutzrecht begründet sich hingegen als Abwehrrecht gegen den Staat.
Nun zwei Fragen:
1. Wie willst du dem Geschädigten (und gerade dieser Fall , wo sich der Unfallverursacher mit Prozesshilfe dagegen wehrte, dass der Kamerabeweis zugelassen wurde, zeigt ja, wie schwer es für einen Geschädigten ist, wenn der Gegenüber es sich leisten kann, durch Instanzen zu gehen) zu seinem Recht verhelfen?
2. Warum bist du der Meinung, dass Bürger, die Daten erfassen, genauso behandelt werden müssen, wie der Staat?
Welchen Ziel hat deiner Meinung der Datenschutz?
Soll er den vollzogenen Missbrauch der Daten von Menschen verhindern? Oder soll er es sich einfach machen und schon pauschal jede Erfassung von Daten verbieten. Wenn letzteres, wie geht dies konform mit den urteilen von BGH und dem EuGH, die eine Abwägung fordern?