Die Bundesregierung hat am Montag bei einer Sitzung des „Digitalkabinetts“ auf Schloss Meseberg die Eckpunkte einer Datenstrategie beschlossen. Diese sollen als Basis für die Entwicklung einer umfassenden „Datenstrategie“ der Bundesregierung dienen.
„Die Datenstrategie soll dazu dienen, die Datenbereitstellung und den Datenzugang zu verbessern, eine verantwortungsvolle Datennutzung zu befördern, Datenkompetenz in der Gesellschaft zu erhöhen und den Staat zum Vorreiter einer Datenkultur zu machen.“
Big Data, intelligente Anwendungen, soziale Medien, künstliche Intelligenz, Kybernetik und Verhaltensökonomie werden unsere Gesellschaft prägen – positiv und auch negativ. Und in diesem Kontext werden durch den digitalen Wandel immer neue Daten erzeugt. Dass diese Daten, sinnvoll eingesetzt, auch dazu beitragen können, Krankheiten früher zu erkennen oder ein „ökologisches, ökonomisches und sicheres Mobilitätsumfeld zu schaffen“ steht dabei außer Frage.
Bevor wir uns die einzelnen Punkte etwas näher anschauen, ist festzustellen, dass nun wohl auch in der Koalition so etwas wie Vernunft und Rationalität eingekehrt zu sein scheint. Denn die bislang, insbesondere durch die Kanzlerin, propagierte „Datensouveränität“ taucht in dem Eckpunktepapier nicht mehr auf. Oder die im Vorfeld ziemlich deutlich formulierten Kritiken von Parteien, u.a. auch den PIRATEN, Datenschützern, Verbänden und NGO haben ihre Wirkung hinterlassen, denn diese „Datensouveränität“ wäre ein unverhohlener Angriff auf traditionelle Schutzprinzipien gewesen.
Im Eckpunktepapier wird ziemlich klar formuliert, dass „die bestehenden Regelungen zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie der informationellen Selbstbestimmung, des Schutzes von Geschäfts-, Betriebs – und Steuergeheimnissen, zum Schutz vor Diskriminierung sowie des Datenschutzrechtes und der Datensicherheit“ einen sehr großen Stellenwert in der zu erarbeitenden Strategie haben werden.
Wir PIRATEN begrüßen das ausdrücklich; es ist eine unserer Kernforderungen ist. Wir werden allerdings weiter beobachten, wie genau dieser Punkt dann in der Strategie ausformuliert wird.
Dass dabei gerade im Bereich des Schutzes der persönlichen Daten noch sehr viel mehr als bisher getan werden muss, darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Es wäre zu begrüßen, wenn sich dies dann auch in der Strategie wiederfinden bzw. vorher entsprechende Anpassungen in den einschlägigen Rechtsnormen vorgenommen werden würden.
Weiterhin hat sich die Regierung ins Stammbuch geschrieben, dass die „digitale Souveränität von Bürgern und Staat“ zu stärken sei. Begrüßenswert wäre, wenn dies dazu führt, dass die jetzt schon bestehenden Regelungen wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder die Forderung nach einer Klarnamenspflicht in sozialen Netzwerken endlich der Vergangenheit angehören, denn diese stärken keineswegs die digitale Souveränität der Bürger, sondern schränken sie in einem aus unserer Sicht unzulässigen Maße ein.
Ebenso will die Regierung „den Aufbau wettbewerbsfähiger und nachhaltiger Dateninfrastrukturen und -ökosysteme unterstützen“ und dafür einen rechtlichen Rahmen abstecken, damit auch „hochwertige“ Informationen oder Messwerte bereitgestellt werden können. Ganz abgesehen davon, dass die Definition des Begriffes „hochwertig“ auf Grund der Schwammigkeit und unklaren Ausgestaltung noch keine Bewertung zulässt, kann der wohl geplante Aufbau „wettbewerbsfähiger“ Dateninfrastrukturen ein Fingerzeig auf die Schaffung einer neuen sozialen Datenmarktwirtschaft sein, wie sie von Frau Merkel in Davos gefordert wurde. Hier bleibt es unsere Aufgabe, wachsam zu sein, damit genau diese Richtung nicht eingeschlagen wird. Wir PIRATEN sind nicht grundsätzlich gegen die Nutzung der Gesundheitsdaten von Bürgern, beispielsweise für Forschungszwecke. Aber diese müssen anonymisiert und auf freiwilliger Basis erhalten worden sein.
Als weiteres Themenfeld sollen „auch neue und sichere Methoden zur Anonymisierung und Pseudonymisierung sowie zur praxistauglichen Datenportabilität“ mit entsprechenden Forschungsgeldern entwickelt werden. Während man beim Thema Datenportablität gern auch noch den Begriff „Interoperabilität“ vermisst, muss man sich bei den sicheren Methoden zur Anonymisierung und Pseudonymisierung etwas verwundert die Augen reiben. Gerade die Bundesregierung ist bisher Treiber einer Politik des gläsernen Bürgers, wie zum Beispiel der Staatstrojaner oder die Vorratsdatenspeicherung eindrucksvoll beweisen. Hier wird es auch unsere Aufgabe sein, die Erarbeitung der Strategie kritisch zu begleiten.
Uneingeschränkt begrüßenswert ist der Ansatz, Daten aus öffentlichen Verwaltungen als Open Data bereitzustellen. Ebenso, dass darüber hinaus auch in den Verwaltungen für eine entsprechende Sensibilität gesorgt werden soll.
Was hingegen Anlass zur Sorge bereiten sollte, ist, dass die Regierung den bestehenden rechtlichen Rahmen für „datengetriebene Angebote und Geschäftsmodelle“ – etwa der Plattform-Ökonomie – überprüfen und dabei auch die Ergebnisse der Datenethik-Kommission berücksichtigen will. Gerade diese Ergebnisse der „Datenethikkommission“ haben kurz nach ihrer Veröffentlichung auch von unserer Seite zu massiver Kritik geführt, denn in diesen wird ziemlich unverhohlen die Blaupause für eine staatliche Totalüberwachung gezeichnet. Wie das mit dem oben beschrieben Ansatz des Schutzes der persönlichen Daten und der Privatsphäre einhergehen soll ist ein Rätsel.
Fazit: Die Eckpunkte zur Erarbeitung der Datenstrategie sind grundsätzlich erst einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wird es darauf ankommen, dass gerade auch die kritischen Punkte (z. Bsp. „Datenethikkommission“) im Rahmen der konkreten Erarbeitung der Strategie verändert werden.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Angebot der Bundesregierung: „Zur Entwicklung einer Datenstrategie der Bundesregierung soll auch ein breiter Beteiligungsprozess gestartet werden.“
Wir PIRATEN bringen uns mit unseren Experten, unserem Wissen und unserer Expertise gern in diesen Beteiligungsprozess ein.