Originaltitel: Eliminating or reducing police violence by abolishing or defunding the police?
(Freie Übersetzung nach Jeffrey Ian Ross, US-amerikanischer Spezialist für Polizeigewalt und Kriminologie und Preisträger des John Howard Award des Jahres 2020 der Academy of Criminal Justice Sciences.)
Es war vorhersehbar: Mit einer derart großen Anzahl an Protestierenden, die sich gegen den Mord an George Floyd durch einen weißen Polizeibeamten stellen, antworteten viele Polizisten wiederum mit Gewalt.
Als jemand, der Polizeigewalt studiert hat, kann ich sagen, dass diese Praxis in der Geschichte der USA tief verwurzelt ist. Und obwohl Gewalt durch die Polizei in immer weniger Fällen rechtlich erlaubt ist, (beispielsweise durch den Standard „force continuum“), ist es nach wie vor Praxis geblieben, was zum Teil auf das Rechtssystems (beispielsweise Immunität der Polizeibeamten), die Macht der Polizeigewerkschaften und andere soziale Institutionen zurückzuführen ist. Eines der vorherrschenden Themen in der Geschichte der amerikanischen Polizeiarbeit waren Forderungen nach Veränderung und die Notwendigkeit von Reformen. Aber die Polizei zu ändern war ein harter Kampf; es gab nur wenige Siege und viele Rückschläge.
Gleichzeitig mit dem Versuch der Demokratischen Partei, Polizeireformgesetze durch den Kongress zu verabschieden, haben in jüngster Zeit zwei relativ radikale Vorschläge durch Proteste, Nachrichten und soziale Medien Aufmerksamkeit erregt: Abschaffung/Abbau der Polizei und Entzug von finanziellen Mitteln.
Obwohl diese Forderungen eine gewisse Unterstützung finden, stoßen sie erwartungsgemäß auf den Widerstand konservativer Politiker und Experten und Polizeigewerkschaften, weil diese Wählerschaften das Gefühl haben, dass ihre Macht in Frage gestellt wird. Sie haben Angst vor Gruppen, die diese Positionen vertreten, und die Alternativlösungen müssen noch klar festgelegt werden. Es gibt auch die Auffassung, dass wir die Polizei nicht einfach abschaffen können. Denn wenn wir das täten, bliebe die Frage, wer uns vor Kriminellen beschützen wird?
Radikal oder nicht, in Minneapolis sind Bemühungen im Gange, die Polizeistationen „abzubauen“ und einen neuen Mechanismus zu entwickeln, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. In New York Citykündigte Bürgermeister Bill de Blasio, der nach den Polizeiaktionen im Zusammenhang mit den jüngsten Protesten heftig kritisiert wurde, am späten Sonntagabend an, dass er plant, die finanziellen Mittel des NYPD zu kürzen.
Die jüngsten Entwicklungen werfen die Frage auf, ob die Abschaffung wirklich eine so utopische Idee ist. Nicht ganz. Zum Beispiel werben die Quäker und ein großer Kreis im akademischen Bereich der Kriminologie und Strafrechtspflege seit sehr langer Zeit für die Abschaffung von Gefängnissen. Neben der Gründung der Internationalen Konferenz über die Abschaffung der Strafen, der Abhaltung halbjährlicher Treffen, regelmäßigerPodiumsdiskussionen bei akademischen Konferenzen und einer wachsenden Zahl an Stipendien, war ihr größter Erfolg, das Bewusstsein für die Kostspieligkeit von Gefängnissen sowohl finanziell als auch in Bezug auf den menschlichen Tribut zu schärfen, den sie denjenigen, die inhaftiert sind, ihren Lieben und dem Rest der Gesellschaft abverlangen. Wenn wir über den Abbau der Polizei nachdenken, sind wir gezwungen, auch andere mögliche Mechanismen in Betracht zu ziehen, die die gleichen Ziele erreichen können, die wir den Polizeidienststellen anvertrauen.
Eine Zwischenposition ist die Umverteilung der Polizeibudgets. Die meisten Amerikaner sind schockiert über die extrem hohen Summen, die sie für die Polizei ausgeben und den Prozentsatz, den sie in unseren Stadt- und Bezirkshaushalten verbrauchen. Zum Beispiel gibt allein das NYPD 6 Milliarden Dollar pro Jahr aus.
Wie kommt es dazu? Jedes Jahr stehen Chefs und Kommissare der Polizei bewaffnet mit ausgefallenen PowerPoint-Präsentationen vor Rathaus- und/oder Bezirksvorständen und erklären, warum sie mehr Geld benötigen. Im Interesse des organisatorischen Überlebens ist das sinnvoll. Denn nur wenige gewählte Politiker wollen bei der Kriminalitätsbekämpfung schwach erscheinen (erinnern Sie sich an Willie Horton). Also kapitulieren sie und winken diese aufgeblähten Polizeibudgets fast durch. Ebenso haben Polizeigewerkschaften und Akkreditierungsstellen die Polizeibehörden und die ihnen obliegenden Regierungsstellen dazu gedrängt, ihre Budgets auf ein alarmierendes Niveau zu erhöhen.
Unter der Annahme, dass die Budgets weitgehend unverändert bleiben, müssen wir sicherstellen, dass die Polizeibudgets für die Dinge ausgegeben werden, für die die Gemeinden (nicht nur die Polizei) wollen, dass sie ausgegeben werden (d. h. Umverteilung), wie z.B. verbesserte Polizeiausbildung, bessere Beziehungen zwischen den Polizeibehörden, polizeiliche Rechenschaftsmaßnahmen, polizeiliche Sportligaprogramme (ähnlich dem Baltimore-Beispiel) usw. Aber alles nur in dem Ausmaß, das die Bürger wollen.
Die Alternative ist ein umfangreicherer Entzug der Finanzierung. Die Budgetkürzung der Polizei ist haushaltspolitisch sinnvoll. Seit den 1960er Jahren haben die US-Bürger die politischen Entscheidungsträger und Gesetzgeber aufgefordert, die Unsummen, die sie für das Militär ausgeben, zu kürzen. Als Reaktion darauf haben die Bürger öffentliche (auch Regierungs-) „Watchdog“-Agenturen gegründet, die die Ausgaben von Regierungsbehörden überwachen, um sie im Zaum zu halten.
Es sind viele Ideen im Umlauf, was mit dem Überschuss an Polizeibudgets oder mit den vorgeschlagenen Haushaltserhöhungen geschehen soll. Man könnte das verbleibende Geld in Programme und Fachleute (z. B. Sozialarbeiter, öffentliche Lehrer, etc. ) umlenken, die der Gemeinschaft auf verschiedene Weise nutzen können. Warum muss man zum Beispiel einen Polizisten rufen, wenn ein Obdachloser störendes Verhalten an den Tag legt? Ein geeigneterer Fachmann für diese Aufgabe könnte ein Sozialarbeiter sein, der für den Umgang mit dieser Bevölkerungsgruppe ausgebildet ist.
– mit freundlicher Genehmigung des Autors Jeffrey Ian Ross.
Die Überschrift passt nicht zum Artikel. Es geht nicht um Polizeigewalt, sondern darum, die Polizei maximal zu beschädigen. Außerdem finde ich den Artikel generell unbrauchbar. Wenn man wirklich etwas bewegen wollte, muss man erst die Alternativen liefern und kann dann daran gehen, die Kosten der Polizei abzubauen. Erstmal kaputtschlagen ist das Vorgehen von Extremisten.
Was genau hat die Situation in Deutschland mit der Situation in den USA zu tun? Vielleicht sollte sich die Piratenpartei endlich mal um die relevanten Themen kümmern und sich einen objektiven, realtitätsnahen Blick bewahren. Weder wird die deutsche Polizei übermäßig militarisiert, wie es in den USA der Fall ist, noch haben wir übermäßige Probleme mit Polizeigewalt.
Gut, letzteres sehen linksaußen Extremisten und gewaltbereite Anhänger der Antifaschistischen Aktion vielleicht anders, die regelmäßig von Einsatzkräften unter Anwendung von Gewalt zur Räson gebracht und abgeführt werden müssen… in der Regel nachdem diese Aktivisten vorher Steine, Böller, Mollis oder ähnliches in Richtung der Polizeieinheiten geworfen haben. Oder einfach wieder Scheiben von „Kapitalistischen Manifestationen“ (= kleine Ladengeschäfte einfacher Einzelhandelskaufleute, die versuchen ihr Geld zu verdienen) eingeworfen oder parkende PKWs abgefackelt haben. Wer fordert, Polizei abzuschaffen oder deren Finanzmittel massiv zu kürzen, fordert Anarchie und will das Land brennen sehen. Von solchen Leuten distanziere ich mich ausdrücklich.
Und überhaupt: Während Deutschland gestern ein Zensurgesetz mit Pflicht zur Herausgabe der Zugangsdaten der Nutzer durch den Provider beschlossen hat, redet die Piratenpartei über innenpolitische Themen der USA. Denkt mal über die Prioritäten nach.
@Big Arne +Murgpirat: Es handelt sich um die Übersetzung eines amerikanisches Autors und bezieht sich explizit auf die USA. Und es wird auch nicht gefordert, die Polizei abzuschaffen oder sämtliche finanziellen Mittel zu entziehen.
Interessanter Einblick.
Nun gut, laut Murgpirat bin ich dann ein linksaußen Extremist und/oder gewaltbereiter Anhänger der Antifaschistischen Aktion..
…ich wurde 1983 Polizist in Bayern, die Ausbildung habe ich als ganz normal mit Grundgesetz und Rechten und Pflichten empfunden. du hattest als Polizist Rechte, aber auch Einschränkungen und Pflichten.
Später erzählten mir ehemalige Kameraden von Hundertschaftsführern und ihren Ausführungen, die eindeutig Nazi-Sprech waren, Original-Ton: das ist echt ein Nazi. Das war so ca. 1987. Dieser Hundertschaftsführer hat dann Karriere gemacht, auch in der Gewerkschaft.
Hm, ich wurde dann später oft belächelt, du schon wieder, blos weil ich jemanden auf seine Rechte hingewiesen habe. Also ja, Hinweis auf irgendwelche Rechte der zu Befragenden, das kommt glaube ich eher selten vor. Aber evtl. hat sich das ja heutzutage ins bessere gewendet…
Ich ging dann in den Innendienst…, egal, aber wenn jemand zu wöchentlichen Besprechungen grundsätzlich als letzter kommt, beim Eintritt in den Raum seinen rechten Arm halbhoch erhöht und sein Handgelenk nach oben abwinckelt… dann finde ich das ziemlich grenzwertig… aber sowas wird (zumindest ist das meine Erfahrung in der Abteilung in der ich war) toleriert, nicht mal verbal angesprochen. Von den „Spässen“ gegenüber der Frau im Raum will ich jetzt nicht reden, ich hab mir oft gedacht „jetzt würde ich gehen“, aber ja, ich hab auch nichts gesagt…
Ich hab eig. immer so gehandelt dass ich niemanden anmosern kann wenn ich sowas selber mach. Also bin ich auch nur bei Grün über die Ampel oder lieber durch die Unterführung. Leute, das haben manche Kollegen auch erst verstanden als ich meinen Standpunkt dargelegt hatte…