Umwelt, Landwirtschaft, Tier- und Verbraucherschutz

Umwelt

Nachhaltigkeit

Wir PIRATEN setzen uns für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Entwicklung ein. Darunter verstehen wir einen verantwortungsvollen und generationengerechten Umgang mit den zum allgemeinen Wohlergehen notwendigen Ressourcen immaterieller oder materieller Art. Wir fordern die Erweiterung des Grundgesetzes um einen Artikel 20b, in dem das Nachhaltigkeitsprinzip als Staatsziel mit der Formulierung „Der Staat beachtet bei seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit“ verankert wird.

Einführung eines Umweltgesetzbuches und Abschaffung des Bergrechts

Mehr als 50 Jahre nach dem Erlass der ersten Umweltgesetze ist es an der Zeit, diese übersichtlich und transparent zusammenzufassen. Wir PIRATEN setzen uns für die Etablierung eines Bundesumweltgesetzbuches ein, in dem die relevanten Gesetze und Verordnungen analog zu den Sozialgesetzbüchern zusammengestellt werden.

Wir fordern die Abschaffung des Bergrechts. Das heute geltende Bergrecht steht in einer Tradition intransparenter, undemokratischer, obrigkeitsstaatlicher und autoritärer Gesetzgebungen, die bei Vorhaben wie Fracking, Braunkohletagebau und CCS (Carbon Capture & Storage) Grundrechte aushebeln und die ausstehende Neufassung der Umweltgesetzgebung verhindern. Die nötigen Neuregelungen, die das Bergrecht ersetzen, sollen in das zu schaffende Bundesumweltgesetzbuch aufgenommen werden.

Wasserwirtschaft

Trinkwasser

Wasser ist ein kommunales Gut und muss jeder Bürgerin und jedem Bürger zur Verfügung stehen. Wir PIRATEN stehen für die Rekommunalisierung der Wasserversorgung ein, da sie als Infrastruktur der Grundversorgung dient. Wir streben eine hohe Trinkwasserqualität an und wollen diese auch durch die Reduzierung von Schadstoffeintrag erreichen. Die Trinkwasserverordnung soll an aktuelle Erkenntnisse über Wasserinhaltsstoffe regelmäßig angepasst werden. Die Eigenwasserversorgung privater Haushalte soll grundsätzlich erlaubt sein. Sofern eine private Hauswasserversorgung möglich ist, lehnen wir einen Anschlusszwang an das kommunale Trinkwassernetz ab. Die Qualitätsprüfung ist eigenverantwortlich zu leisten.

Abwasser

Abwasser ist ein Wertstoff, und wir streben einen ressourcenschonenden Umgang mit den wertvollen Inhaltsstoffen an. Wir treten für die Abschaffung des Anschlusszwanges für häusliche Abwässer an das Abwassernetz ein, wenn die Einhaltung der Ablaufparameter nach der EU-Rahmenrichtlinie eigenverantwortlich sichergestellt wird. Industrielle und die von Krankenhäusern stammenden Abwässer sind geeignet vorzubehandeln. Vermischung mit häuslichen Abwässern ist zu vermeiden.

Gewässerschutz

Die Wasserressourcen sind von Beeinträchtigungen freizuhalten. In allen Bereichen müssen Eingriffe in den Boden auf ihre Verträglichkeit mit dem Gewässerschutz hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Landwirtschaft

Für Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Ernährung heißt unser Ziel: Ein Wirtschaften im Gleichgewicht mit dem Naturhaushalt und in möglichst regionalen Kreisläufen.

Die Problemfelder in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Ernährungswirtschaft sind zahlreich. Häufig sind der Mangel an gerechten Strukturen, fehlende Transparenz und der Kampf um Vormachtstellungen die eigentliche Ursache, die zur übermäßigen Beanspruchung natürlicher Ressourcen führen und bislang regenerierungsfähige Systeme an den Rand des Kollaps bringen. Hier sind also ordnungspolitische Rahmen notwendig, die wir PIRATEN gestalten wollen. Für viele Fragestellungen sind ebenso zahlreich auch Lösungen vorhanden. Diesen wollen wir im Prozess der offen geführten, sachorientierten Diskussion unter Beteiligung aller Interessensgruppen den Weg bereiten.

Unsere Schwerpunkte für die kommenden Jahre sind:

Regionale Vielfalt erhalten, nutzen, weiterentwickeln

Den Erhalt und die Entwicklung von vielfältigen, kleinbäuerlichen Strukturen betrachten wir als einen Beitrag zu mehr Anpassungsmöglichkeiten (Resilienz). Wir sind überzeugt, dass Vielfalt in der Nahrungsmittelgewinnung, angepasst an örtliche Bedingungen, in der Hand von vielen unabhängig und selbstbestimmt Handelnden Ernährungssicherheit und Lebensqualität in den Städten und im ländlichen Raum sicherstellen. Urbane und suburbane Landwirtschaft und Gartenkultur verkürzt Transportwege, dient direkt der Ernährung und Wissensvermittlung, erfüllt viele menschliche Bedürfnisse und ist daher zu fördern.

Boden wertschätzen jenseits von Spekulationsgedanken

Boden ist Träger unserer Ernährung, darüber hinaus besitzt er wertvolle Puffer- und Speicherfähigkeiten. Bodenverlust und – Verschlechterung braucht aktive Maßnahmen der Gegensteuerung, damit die allen dienlichen Ökosystemleistungen des Bodens erhalten bleiben.

Völlig entkoppelt von dieser Wertschätzung entwickeln sich die Bodenpreise. Wo Boden zur Verfügungsmasse in Kapitalanlagen und Spekulationsobjekten wird, müssen strenge ordnungspolitische Rahmen die Motivation beschneiden.

Humus aufbauen und erhalten

Sofort und überall kann der Atmosphäre CO2 entzogen werden, und zwar durch Humusaufbau im Boden. Im Humus wird durch den Aufbau von Biomasse der Atmosphäre CO2 entzogen und ein Teil davon dauerhaft als Kohlenstoff im Boden gespeichert. Das Wissen darum und die Anwendung betrachten wir als den Königsweg, den Folgen des Klimawandels zu begegnen und wichtige Bodenfunktionen wie Bodenfruchtbarkeit und Pufferfähigkeit wiederherzustellen.

Humusabbau durch Entwässerung von Moorböden und Torfnutzung muss dringend zurückgefahren werden. Alternativen wie z.B. Paludikulturen und die Gewinnung von Torfersatzstoffen müssen förderfähig im Sinne der GAP sein.

Pflanzenkohle einsetzen

Pflanzenkohle hat das Potenzial, viele Antworten auf drängende Fragestellungen zu liefern. Das Wissen um positive Effekte in der Tierhaltung, im Ackerbau, zum Humusaufbau, in der Kompostwirtschaft, zur dezentralen Energiegewinnung, zur Klärschlammentsorgung und vielem mehr verdient mehr Aufmerksamkeit und Verbreitung. Der regional organisierte, sachgemäße Einsatz von Pflanzenkohle (Pyrolysekohle) soll ausgebaut werden. Ein Pflanzenkohle-Programm könnte in einer Bürgerversammlung entwickelt werden.

Für die Forstwirtschaft bietet der dezentrale Aufbau von Pyrolyse-Anlagen eine sinnvolle Inwertsetzung für das dürrebedingte Einschlagholz.

Nutz- und Wildtiere mit Respekt behandeln

Gute Haltungsformen für Nutztiere orientieren sich an den Bedürfnissen der Tiere. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Standards in der Tierhaltung nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und deren Anwendung sind unser Ziel. Die jetzigen Standards sind in vielen Punkten noch nicht optimal. Finanzielle Unterstützungen für Investitionen zur Umsetzung neuer Standards sollen Kleinbetriebe erhalten können.

Die Fangquoten für das Fischereiwesen müssen durch ein wissenschaftlich erwiesenes Maß der Nachhaltigkeit festgelegt werden. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, das europäische Programm zur Bekämpfung der illegalen Fischerei zu stärken.

Der Wolf gehört natürlich in die Wildfauna Deutschlands. Das Wissen um den sachorientiert richtigen Umgang mit diesen Wildtieren ist zu fördern und durch Institutionen zu festigen. Weidetierhaltern steht die vollumfängliche Unterstützung zur Absicherung ihrer Herde zu.

Lieferketten transparent machen

Wir wollen eine Landwirtschaftspolitik, die zunächst kurze Wege sucht, und zwar vom Erzeuger über den Verarbeiter, Vermarkter bis hin zum Verbraucher, damit kann auch die Kette der Wertschöpfung innerhalb einer möglichst eng umgrenzten Region bleiben und diese stärkt. In so organisierten regionalen Netzwerken ist ein hohes Maß an Transparenz häufig schon durch die persönlichen Kontakte gegeben und kann durch Blockchain-Systeme abgesichert werden.

Wir wollen ein Lieferkettengesetz für Argrarprodukte, das neben der Offenlegung von Lieferketten eine personelle Anpassung an den behördlichen Betriebsprüfungs- und Überwachungsumfang beinhaltet.

Saatgut samenfest machen

Mit dem Saatgut beginnt die Selbst- oder Fremdbestimmung über unsere Ernährung. Wir PIRATEN treten ein für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Sortenvielfalt samenfester Kulturpflanzen. Sie sollen unter Open-Source-Lizenz allen Erzeugern für den Anbau und die Weiterzucht zur Verfügung stehen.

Keine Patente auf Leben

Dieser Grundsatz muss strikt umgesetzt werden.

Digitalisierung sinnvoll einsetzen

Digitalisierung (in) der Landwirtschaft verstehen wir als Chance, wenn sie im Dienste der Mehrheit und ohne Einschränkung der Selbstbestimmung Anwendung findet. Neben der technikorientierten Betrachtung müssen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Digitalisierung der Landwirtschaft diskutiert werden.

Digitale Anwendungen für die Landwirtschaft haben enormes Potential und bergen gleichzeitig enorme Risiken. Es gilt aber nicht, diese gegeneinander abzuwägen, sondern eindeutig Position zu beziehen und rechtzeitig Regeln festzulegen. Wir PIRATEN fordern:

  • alle mit öffentlichen Mitteln erhobenen Daten und geförderte Entwicklungen müsse als OpenSource zur Verfügung stehen
  • offener Zugang zu digitalen Anwendungen und offene Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen müssen gegeben sein und dürfen nicht durch Patente, Lizensierung o.ä. eingeschränkt werden
  • die Monopolstellung von Anbietern muss kartellrechtlich unterbunden werden
  • es ist gesetzlich sicher zu stellen, dass die Landwirte durch die Datenerfassung nicht in eine Abhängigkeit von einzelnen Anbietern geraten. Die für den landwirtschaftlichen Betrieb relevanten Daten müssen in dessen Besitz bleiben und in einem Format erfasst werden, das den Wechsel zu anderen Anbietern leicht ermöglicht.
  • digitale Systeme sind zu fördern, wenn sie Anbietern und Anwendern gleichermaßen dienen, letztere z.B. entlasten in einer zunehmend verdichteten und bürokratisierten Arbeitswelt oder ihn bei Entscheidungen unterstützen in der Flut der Informationen.
  • digitale Anwendungen müssen auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Precision Farming oder Precision Lifestock Farming als digitale Mittel zur Effizienzsteigerung im bestehenden System einer Überproduktion sind es nicht.

Denn Landwirtschaft muss immer die Ernährungssouveränität im Blick haben, also die selbstbestimmte Entscheidung, was lokal angebaut, verarbeitet und gegessen wird. Digitale Systeme sind dabei wichtige Hilfsmittel zur Arbeitsentlastung, Verwaltung und Kommunikation. Landwirte, Verarbeiter, Händler und Verbraucher müssen dabei eigenständig bleiben. Der heutige Weg, Nahrungsmittel zu Schleuderpreisen weltweit anzubieten, auf Kosten von Mensch, Tier und Naturhaushalt darf nicht durch Digitalisierung befeuert werden.

Tierschutz

Verbandsklagerecht

Wir PIRATEN befürworten die Einführung eines bundesweiten Verbandsklagerechtes für anerkannte Tierschutzorganisationen. Tiere können als Lebewesen nicht selbst für ihre Rechte eintreten, daher sind sie auf eine Vertretung in Form von Verbänden angewiesen. Obwohl Tier- und Umweltschutz nach Art. 20a GG denselben Verfassungsrang haben, ist bisher in mehreren Bundesländern keine entsprechende Gesetzgebung existent.

Tierversuche

Tierversuche sind für viele Menschen ein sehr emotionales Thema; wir alle kennen die Bilder von Tieren, die für medizinische Produkte oder Kosmetika leiden müssen. Die PIRATEN begrüßen ausdrücklich, daß Tierversuche für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte seit Jahren in der gesamten EU verboten sind, und seit März 2013 sogar ein EU-weites generelles Verkaufsverbot für Kosmetika gilt, die an Tieren getestet wurden – auch, wenn diese Tests außerhalb der EU durchgeführt wurden.

Im Bereich Medikamente und Impfstoffe ist es leider noch nicht möglich, ganz auf Tierversuche zu verzichten; die PIRATEN setzen sich aber dafür ein, sogenannte Alternativmethoden wie Tests an Zellkulturen und in Computermodellen mit dem Ziel weiterzuentwickeln, daß sie und weitere alternative Methoden zukünftig Tierversuche nicht nur reduzieren, sondern vollständig ersetzen können. Hierzu sind ausreichende Forschungsmittel bereitzustellen, auch aus bestehenden Forschungsetats.

Erweiterung des Tierschutzgesetzes

Angst ist eine Form von Leid, die im deutschen Tierschutzgesetz derzeit nicht berücksichtigt wird. Tierquälereien, bei denen kein deutlich erkennbarer, direkter körperlicher Schaden vorliegt, werden gewöhnlich nicht geahndet. Wir wollen das deutsche Tierschutzgesetz nach dem Beispiel des österreichischen Tierschutzgesetz entsprechend erweitern.

Verbraucherschutz

Im Verhältnis zwischen Hersteller, Vertreiber und Verbraucher ist letzterer in der Regel unterlegen. Dieses Ungleichgewicht sinnvoll auszugleichen ist Anliegen der PIRATEN und Aufgabe des Verbraucherschutzes, wie wir ihn uns vorstellen. Unser Ziel ist es, den berechtigten Interessen der Verbraucher als Konsument von Waren und Nutzer von Dienstleistungen sowie in Bezug auf Datenschutz, Urheberrecht und Transparenz mehr Geltung zu verschaffen.

Wir werden uns für eine Vereinfachung und verbesserte Nachvollziehbarkeit der vielfältigen juristisch zulässigen Möglichkeiten, irreführenden Begrifflichkeiten und Formulierungen in der Werbung und Vertragstexten einsetzen. Insbesondere müssen gesundheits- und umweltrelevante Produktinhalte klar erkennbar sein. Bei Finanzprodukten sind die Risiken im gleichen Umfang wie die Chancen darzustellen.

Die Publikation von medizinischen Studien muss unabhängig von ihrem Ergebnis erfolgen. Alle entsprechenden Studien sind vor ihrer Durchführung zu registrieren. Bei Heilverfahren ist anzugeben, auf welcher theoretischen Grundlage sie beruhen. Die Kosten medizinischer und zahnmedizinischer Versorgung müssen für den Patienten nachvollziehbar und auch verständlich sein.

Missstände wie der Handel mit personenbezogenen Daten durch staatliche Stellen sind abzustellen und die wirtschaftliche Nutzung und Verknüpfung privater Daten durch Firmen wie Facebook und Google nur nach ausdrücklicher Zustimmung zulässig (Opt-In). Wir wollen die Aufklärung über die damit verbundenen Risiken stärken.

Wir setzen uns dafür ein, das Verbandsklagerecht für staatlich anerkannte Stellen auf den Bereich des Verbraucherschutzes zu erweitern, um eine Rechtsfrage verbindlich für alle betroffenen Verbraucher zu klären.

Gegen die geplante Obsoleszenz

Wir PIRATEN setzen uns dafür ein, dass die Bundesrepublik Deutschland der Verbraucherzentrale zusätzliche Mittel bereit stellt, damit diese sich besser gegen die geplante Obsoleszenz einsetzen kann. Hersteller werden dazu angehalten, ihre Produkte mit einem voraussichtlichem „Haltbarkeitszeitraum“ zu versehen. Dieses Haltbarkeitsdatum beinhaltet sowohl das physische als auch softwareseitige Leben eines Produktes. Auch müssen die Supportzeiträume (Softwareupdates etc.), insbesondere für Sicherheitsupdates, auf dieser Kennzeichnung angegeben werden. Die Verbraucherzentrale wird diese Kennzeichnungen der Hersteller überprüfen und mit einem anerkannten Siegel bestätigen. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass die öffentliche Hand, nur Produkte mit einer, von der Verbraucherzentrale, überprüften Haltbarkeit erwirbt. Diese Zeiten sollten in Ausschreibungen eingearbeitet werden.

Deutschland soll sich auf der EU-Ebene dafür einsetzen, dass entsprechende Regelungen Bestandteil der Ökodesignrichtlinie (2009/125/EG) werden.

Herstellung der Gerätehoheit

Wir PIRATEN setzten uns dafür ein, dass Geräte keine softwareseitige Einschränkung der zu installierenden Software erhalten und die Reparierbarkeit nicht künstlich eingeschränkt wird. Jeder Käuferin und jedem Käufer eines Geräts muss es gestattet sein, die eigene Software oder die von Drittanbietern, ohne Einschränkungen, auf ein erworbenes Gerät aufzuspielen und das Geräte zu reparieren bzw. reparieren zu lassen. In Ausschreibungen, bei Neuanschaffungen von elektronischen Geräten der öffentlichen Hand, soll dieses Kriterium explizit, in der Ausschreibung, gefordert werden. Eine softwareseitige Altersschranke, und damit einer großen Verschwendung von Geld und ökologische Verantwortungslosigkeit darf es nicht mehr geben.