Unter dem Pseudonym ‚Haurus‘ bot ein französischer Geheimdienstmitarbeiter im Darknet sensible private Informationen auf Bestellung gegen Kryptowährung an. Diese hatte er missbräuchlich aus staatlichen Überwachungssystemen erlangt. Für rund 300 Euro waren etwa zu beliebigen Handynummern die Aufenthaltsorte und Anruflisten des jeweiligen Inhabers käuflich. Auch kriminellen Gangs soll der Mitarbeiter des Inlandgeheimdienstes ‚Générale de la Sécurité Intérieure‘ diese illegale Überwachung als Service angeboten haben. Die Piratenpartei, die schon lange vor dem enormen Missbrauchspotential staatlicher Massenüberwachung warnt, fordert Konsequenzen.
Auch in Deutschland haben Kriminal- und Polizeibeamte wiederholt Bürgerdaten missbräuchlich abgefragt und herausgegeben. In Frankreich hat die einjährige Vorratsdatenspeicherung einen Datenmissbrauch ermöglicht, der für öffentliche Funktionsträger oder Stalkingopfer lebensgefährlich werden kann. Auch Bestandsdatenauskunft, strategische Fernmeldeaufklärung, Fluggastdatenregister, automatisierter Lichtbildabruf oder die quasi hürdenlose Abfrage von Bankkonten laden zu solchem Missbrauch ein. Angesichts dieses mächtigen Überwachungsapparats mit zahllosen Zugriffsberechtigten muss man sich auch hierzulande ernsthafte Sorgen machen, als Durchschnittbürger nicht zu Unrecht Opfer einer unbegründeten Ausspähung zu werden
, so Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl 2019.
Die Piraten warnen seit jeher davor, persönlichste Daten in der Hand staatlicher Stellen per se als diebstahl- und missbrauchssicher anzusehen. Zum einen können gerade bei der massenhaften digitalen Verarbeitung von Daten und der Nutzung von Online-Schnittstellen Sicherheitslücken nie vollständig ausgeschlossen werden. Zum anderen muss immer bedacht werden, welche Begehrlichkeiten Daten wecken. Nur was nicht gespeichert wird, kann auch nicht in falsche Hände geraten. Aus dem in Frankreich publik gewordenen Fall müssen wir daher auch in Deutschland Konsequenzen ziehen!
, so Breyer weiter. Zur Aufklärung der Öffentlichkeit brauche es daher eine Pflicht zur anonymisierten Veröffentlichung jedes Falls von vorsätzlichem Datenmissbrauch durch Staatsbedienstete. Zugleich müsse anlasslose Massenüberwachung, wie etwa die Vorratsdatenspeicherung, abgeschafft werden.
Konkret schlagen die Piraten vor, anstelle der auch in Deutschland beschlossenen Vorratsdatenspeicherung grundrechtsschonendere Alternativen wie etwa das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren zu wählen. Dies würde ein gezieltes Vorgehen gegen Verdächtige ermöglichen, ohne unschuldige Menschen ihrer digitalen Privatsphäre zu berauben. Anders als Überwachungskameras könne eine verstärkte Polizeipräsenz zudem die Sicherheit konkret erhöhen. Dazu Breyer abschließend: Eine verpflichtende Benachrichtigung von Menschen, die zu Unrecht Betroffene staatlicher Überwachung wurden, etwa im Rahmen einer Funkzellenabfrage, gehören nun ebenso auf die Tagesordnung wie die Prüfung der ausufernden Geheimdienst-Befugnisse. Geheimdienste dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Weder in Frankreich noch sonst irgendwo in Europa.