Am morgigen Donnerstag befasst sich der Bundesgerichtshof erstmals nach Abschaffung der „Störerhaftung“ mit einem Antrag der Musikindustrie auf Abschaltung oder Schließung eines öffentlichen WLAN-Hotspots, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist (Az. I ZR 53/18). Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet, nachdem der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr über eine entsprechende Klage aus formalen Gründen noch nicht abschließend entschieden hatte (Az. I ZR 64/17).
Seit Jahren kämpft der Kläger Tobias McFadden, Gemeinderatsmitglied der Piratenpartei in Gauting und Anbieter eines öffentlichen WLAN-Hotspots, für freies WLAN und gegen die Störerhaftung in Deutschland. In einem über acht Jahre andauernden Prozess, der von der Piratenpartei unterstützt wird, hat sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit dem Fall befasst. Das Gesetz wurde in diesem Zeitraum vom Bundestag mehrfach geändert.
Im März 2018 hat das Oberlandesgericht (OLG) München das Urteil im Prozess McFadden gegen Sony Music gesprochen. Demnach war Sony Music mit dem Hauptanliegen gescheitert, McFadden zur Abschaltung des WLAN-Hotspots oder zur Beschränkung der Nutzbarkeit zu verpflichten.
Mittlerweile hat der US-Konzern Revision eingelegt und versucht damit McFadden zu zwingen, sein WLAN abzuschalten, eine Passwortsicherung mit Identitätsfeststellung einzurichten oder andere gleich wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
McFadden dazu:
„Sony Music versucht nach wie vor, die Verschlüsselung oder Abschaltung eines absichtlich offenen WLANs zu erreichen und greift dabei auch das neue Telemediengesetz an. Wir kämpfen weiter für freie Netze und einen unkomplizierten Ausbau von Infrastruktur in Bürgerhand!“
Der Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl Dr. Patrick Breyer erklärt:
„Solange das veraltete Urheberrecht gilt, wird die Musikindustrie uns mit Massenabmahnungen, Ausspähung von Internetnutzern und ständigen Forderungen nach einer Einschränkung des freien Internetzugangs gängeln. Wir PIRATEN treten für einen Befreiungsschlag durch Legalisierung des privaten Kulturgütertauschs ein. Im Gegenzug könnten die Urheber pauschal entschädigt werden, beispielsweise durch eine Abgabe von Internetkonzernen.“
Termin zur mündlichen Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) ist der 07. März.
Gute Nacht c old Germany
@Tobias: Hut ab. Bist ein zäher Bursche! Du hast 8 Jahre durchgehalten – jetzt bloß nicht nachlassen!
Ich habe einige Jahre bei der Sony Music in der IT (FFM und Berlin) gearbeitet. Unvergessen der Zusammenbruch des Mailsystems, als die Mitarbeiter dort ein Pornovideo tauschten und damit die Platten der Dominoserver in kürzester Zeit volllaufen ließen. Auch der Anruf der BMG ist mir noch in lustiger Erinnerung. Die baten uns, dafür zu sorgen, dass unsere Mitarbeiter doch bitte nicht deren Musik über Torrent verteilen. In Berlin gab es ab und zu so eine Art Keynotes. Motivationsansprachen quasi. Die Sony wäre eine Maus, die auch ein kleines Stück vom Käse wolle. *sic* Ne ziemlich fette Maus ist das. Aber gut, das hat auch nachgelassen. In Berlin gab es auf den Schreibtischen der Mitarbeiter statt Lampen von Artemide(!), welche von Ikea. Fast durchgehend waren die Mitarbeiter der Pop-Labels arrogante Minderleister. Im Adressbuch war jeder noch so kleine Sachbearbeiter ein „Manager“ – und hat sich auch so aufgeführt. Da gab es nur Häuptlinge, keine Indianer. Primäre Einstellungsvoraussetzung war dort definitiv ein „hipper“ Vorname. Einzig Klassik, Jazz und Rock waren mit normalen Menschen besetzt. Gut, in Dietzenbach, bei der Logistik, arbeiteten auch ganz normale und sehr nette Kollegen.
Als in Berlin die ersten Entlassungswellen kamen (auch von Mitarbeitern, die wenige Monate zuvor von FFM nach Berlin mit der ganzen Familie umgezogen waren), zeigte sich die hässliche Fratze des us-amerikanischen Hire-and-Fire-Systems. Die Mitarbeiter wurden angerufen, sollten sofort in einen der kleinen Konfis (bis auf die Toiletten sind dort fast alle Räume komplett verglast) kommen. Dort erwarteten sie zwei Mitarbeiter, die denen die Kündigung aussprachen. Einige sah man direkt in sich zusammenfallen. Die Security brachte die danach direkt zum Ausgang. Die persönlichen Sachen konnten die armen Schweine am nächsten Tag in einem Karton am Empfang abholen. Verabschiedung von Kollegen und Kunden wurde untersagt.
Ich entsinne mich auch an eine äußerst kompetente Kollegin, die in der Musikbranche wirklich Gott und die Welt persönlich kannte. Der wurde kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag nahegelegt zu kündigen. Sie wäre zu alt. Leistung zählt bei der Sony nicht, nur der „korrekte“ Auftritt.
Warum ich das schreibe? Weil mir jeder Dämpfer, den der Laden bekommt, wirklich richtig guttut. Und nein, ich wurde dort nicht gefeuert. Habe keine Rechnung offen. Es war einfach nur sehr unangenehm, dort zu arbeiten, das ist alles.