Die Kieler Kriminalpolizei hat den damaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Spitzenkandidaten der Piratenpartei zur Europawahl Patrick Breyer wegen einer Demonstrationsanmeldung kriminalpolizeilich erfasst und jahrelang gespeichert. Nach Mitteilung des Landeskriminalamts wurde Breyers Anmeldung einer Demonstration gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei von dem für politisch motivierte Kriminalität zuständigen Staatsschutz-Kommissariat eingetragen.
Breyer hatte 2016 aufgedeckt, dass das Kieler Innenministerium frauenfeindliches und rassistisches Verhalten von Polizeianwärtern vertuscht hatte. Weibliche Polizeianwärterinnen sollen u.a. mit Worten und Gesten sexuell beleidigt, Polizeianwärter mit Migrationshintergrund als “Kanacke” und “Kümmeltürke” bezeichnet worden sein. Per Whatsapp hatte ein Polizeianwärter geäußert, er hätte Lust, „mit der MP auch mal in eine Moschee reinzustürmen“. Weil die verantwortlichen Polizeianwärter 2016 trotz dieser Verfehlungen in den Polizeidienst übernommen werden sollten, meldete Breyer vor dem Ort der geplanten Ernennungsfeier eine „Demo gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei“ an. Dies führte zu seiner kriminalpolizeilichen Erfassung durch das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Kieler Staatsschutz-Kommissariat mitsamt Angaben zu der angemeldeten Demonstration.
Nachdem der wachsende öffentliche Druck zur Verschiebung der Ernennung führte, wurde die Demonstration wenige Tage später abgesagt. Gelöscht wurde Breyers Eintrag aber erst, als dieser Ende 2018 Auskunft über zu seiner Person gespeicherte Daten verlangte. Nur dadurch erfuhr der Bürgerrechtler von dem Vorgang. Er hat nun eine Beschwerde darüber beim Landesdatenschutzzentrum eingereicht.
„Ich erwarte eine Erklärung dafür, warum das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Staatsschutz-Kommissariat 5 mich erfasst hat. Es hat mit der Begleitung von Versammlungen nichts zu tun“
kritisiert Breyer.
„Wegen der Versammlungsfreiheit halte ich die jahrelange kriminalpolizeiliche Speicherung der Anmelder einer Demonstration für hochproblematisch. Das kann Personen davon abschrecken, Demos anzumelden. Spätestens nach Absage der Demo hätte die weitere Speicherung in dieser LKA-Datei nicht erfolgen dürfen. Da ich als Bürgerrechtler im Landtag damals die polizeiliche Überwachung in vielerlei Hinsicht kritisch begleitet habe, ist diese Registrierung besonders fragwürdig. Das Landeskriminalamt hat in jener Zeit beispielsweise schon zum Anlass für Ermittlungen genommen, dass ich einen polizeikritischen Artikel des BILD-Blattes verlinkt hatte.“
Breyer empfiehlt, Datenauskünfte bei Polizei und Verfassungsschutz einzuholen, beispielsweise mithilfe eines im Internet verfügbaren „Auskunftsgenerators“.
Noch irgendwelche FRAGEN zu unserem Rechtsstaat? Ich habe seit langem keine mehr. Die Erosion der bürgerlichen Rechte, die Unterdrückung anderer Meinungen schreitet voran; auch in Deutschland. Wenn wir so weiter machen, haben wir bald ungarische Standards. Wenn wir das nicht wollen, wir brauchen dringend neue ANTWORTEN.
Sehr geehrter Herr Dr. Breyer,
durch reinen Zufall bin ich auf diese Informationsfreiheitsanfrage aufmerksam geworden:
https://fragdenstaat.de/a/62679 (Informationen in der Staatskanzlei NRW zur Kritik von Amnesty International an Strukturen (und Erfolgsquoten) der Bearbeitung von Strafanzeigen gegen Polizist/innen durch Polizei und Staatsanwaltschaften)
wobei nicht nur und nicht so sehr das Thema allein, sondern die generelle Rechtsauffassung der Staatskanzlei NRW zu Fragen von Informationsfreiheit und zur Bearbeitung pseudonymer Anträge interessant erscheint, die auch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW nicht teilt.
Wie können Sie das konkrete Thema der Informationsfreiheit politisch und öffentlich angehen?
Ist Ihnen bekannt, was die Staatskanzlei NRW ausgerechnet in Bezug auf die Anfrage verbergen wollen könnte?
Freundliche Grüße