Nach dem in den deutschen Leitmedien nur verhalten thematisierten, höchst fragwürdigen Umgang der EVP mit Orbán und der SPE mit Dragnea, droht jetzt ein weiterer Skandal, der offensichtlich unter den Teppich gekehrt werden soll. Diesmal betrifft es die ALDE und deren tschechischen Frontmann Premierminister Andrej Babiš.

Dass die postkommunistischen Länder Europas von Korruption und Vetternwirtschaft geplagt werden, ist kein Geheimnis. Zumeist geschieht dies verdeckt und es lassen sich nur selten eindeutige Zusammenhänge zwischen Personen und Unternehmen beweisen, die zum Beispiel EU-Fördergelder veruntreuen. Umso bemerkenswerter die Tatsache, dass seit über einem Jahr mittlerweile mehrere Verfahren gegen den tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš (ANO/ALDE) wegen Veruntreuung von EU-Geldern im Gange sind; weder für die FDP noch für die ALDE ein Anlass, sich von Babiš zu distanzieren.

In seinem Land gilt er als der zweitreichste Mann, alles dank seines Mischkonzerns „Agrofert“. Konkret wird Babiš vorgeworfen, dass er über sein Unternehmen EU-Subventionen unterschlagen hat und weiterhin zwei Tageszeitungen sowie den größten Privatradiosender Tschechiens politisch kontrolliert, obwohl er 2017 seine Anteile an Agrofert offiziell an Treuhändergesellschaften übergeben hatte. Die Anschuldigungen gegen Babiš werden sowohl von der politischen Opposition, als auch durch Transparency International erhoben.

Eine juristische Untersuchung der Europäischen Kommission bestätigte: Babiš hatte nie die Kontrolle über Agrofert aufgegeben. Daraufhin wurden im Dezember 2018 alle EU-Subventionen an Agrofert eingestellt. Selbst das Stadtamt in Černošice bei Prag, wo Babiš wohnhaft ist, leitete ein Verfahren wegen Interessenskonflikten gegen ihn ein, was von Babiš mit der Aussage kommentiert wurde, dass das Stadtamt doch keine Ahnung von komplexen juristischen Sachverhalten habe und sich weiter um Verkehrsdelikte kümmern solle.

Die Aussage eines Machtmenschen, der mit seiner Macht nicht umgehen kann.
Im Dezember 2018 rief EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger Babiš und die tschechische Regierung dazu auf, sich zu den Vorwürfen zu äußern. In ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht attestiert die EU Babiš einen tatsächlichen Interessenskonflikt und fordert Agrofert dazu auf, EU-Subventionen in Höhe von €17,4 Millionen zurückzuzahlen.

Babiš wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe und bezeichnet sie als Fake News.Trotzdem gab es vermehrt Demonstrationen und Prosteste gegen Babiš. Die tschechische Piratenpartei, die durch drei Abgeordnete im EU-Parlament vertreten wird, kämpft seit Jahren gegen Korruption, ist mittlerweile die drittstärkste Kraft im tschechischen Parlament und weigert sich, wegen des laxen Umgangs mit Babiš in die ALDE-Fraktion einzutreten.

Wir deutschen PIRATEN fordern sowohl die FDP als auch die ALDE auf, sich endlich von Babiš zu distanzieren. Die Erfolge innovativer, pro-europäischer Parteien bei der vergangenen EU-Wahl in Tschechien und Rumänien zeigen, dass die Menschen nicht länger willens sind, Korruption als Realpolitik hinzunehmen. Vielmehr sehnen sich auch die osteuropäischen EU-Bürger nach mehr Freiheit und Rechtstaatlichkeit. Ihre Anliegen durch die Tolerierung von Politikern wie Babiš zu ignorieren ist ein Armutszeignis.