Netzexpert*innen rufen dazu auf, übermächtigen Internetkonzernen die Kontrolle über das Internet zu entreißen und in die Hand der Nutzer*innen selbst zu legen. Ein entsprechendes „Manifest zur Selbstermächtigung“ haben die Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei), Anke Domscheit-Berg (Linke), Saskia Esken (SPD) sowie Vertreter*innen der Zivilgesellschaft wie Peter Schaar und Marina Weisband vorgelegt.
„Vertrauenswürdige Alternativen zum Überwachungskapitalismus existieren längst. Um ihnen aber zum Durchbruch zu verhelfen, müssen die Platzhirsche wie Facebook zur Öffnung ihrer Plattformen gezwungen werden“
fordert Mitunterzeichner Patrick Breyer.
„Nur so können ihre Nutzer plattformübergreifend kommunizieren und auch nach einem Plattformwechsel in Kontakt mit ihrem sozialen Umfeld bleiben.“
Das Manifest im Wortlaut:
Holen wir uns das Web zurück!
Ein Manifest zur Selbstermächtigung der Internet-Nutzer*innen
Das Internet im Jahre 2019
Das Internet ist für viele Menschen eine virtuelle Heimat geworden. Sie pflegen dort Freundschaften und Kontakte, sie suchen und geben Rat, diskutieren über Kunst, Kultur und Persönliches, teilen Fotos, arbeiten zusammen, kaufen ein, spielen, verabreden sich. Kurz: Sie kommunizieren.
Allerdings ziehen wenige attraktive, kommerzielle Plattformen immer mehr Nutzer*innen an. Sie erhalten damit eine Monopolstellung und bedenkliche Macht, indem sie persönlichste Daten ansammeln und gewinnbringend nutzen. Das ist ihr Geschäft. Die Nutzer*innen stehen indes vor der Wahl, entweder den Betreibern ihre Daten anzuvertrauen oder von den Plattformen und damit von einem signifikanten Teil ihres sozialen Umfeldes ausgeschlossen zu werden.
Das angesammelte Wissen der Plattformbetreiber ist Macht, verliehen von den Nutzer*innen. Dieses Wissen ermöglicht den Betreibern, weit über das Internet hinaus Menschen zielgerichtet zu manipulieren, sei es, um sie zum Kauf von Produkten zu bewegen oder um ihr Verhalten im politischen Raum zu beeinflussen. Dieses Machtinstrument steht neben den Betreibern selbst jedem zur Verfügung, der dafür zahlt oder, wie staatliche Stellen, Druck auf die Betreiber ausüben kann.
Auch für verantwortungsvolle Betreiber gilt: Vorstände können wechseln, Firmen aufgekauft, Richtlinien und gesetzliche Rahmenbedingungen geändert werden. Darum sind zentralisierte Plattformen grundsätzlich nicht vertrauenswürdig. Zuverlässig vertrauen kann man nur auf technisch sichergestellten Datenschutz.
Die Vision: Das Internet der Zukunft
Das Internet ist heute schon dezentral und kooperativ angelegt, resistent gegen Zentralismus, Zwang und Zensur. Jede*r kann dort eine eigene Webpräsenz gestalten und frei und selbstbestimmt Herr über seine Daten sein.
Das freiheitliche, demokratische Internet der Zukunft verfügt aber zusätzlich über alltagstaugliche Technologie, die Vertraulichkeit der Kommunikation im Sinne von Privacy by Design ganz selbstverständlich technisch realisiert. Denn die Internetnutzer*innen der Zukunft sind sich des Wertes persönlicher Daten bewusst und gehen sorgfältig damit um. Dadurch schützen sie sich selbst und ihre Mitmenschen vor aktuellen und zukünftigen Gefahren. Denn sie wissen, dass Daten, die heute harmlos erscheinen, morgen hoch problematisch sein können.
Manifest
Wir, die Unterzeichner*innen dieses Manifests, sind der festen Überzeugung, dass das Internet durch die Nutzer*innen in Besitz genommen werden kann und muss. Dazu braucht es vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie, welche:
- Die Privatsphäre und die Rechte der Nutzer*innen auf technischem Wege definitiv sicherstellt.
- In Leistung und Funktion den Nutzer*innen keine Kompromisse abverlangt.
- Unter einer anerkannten Free and Open Source Lizenz entwickelt wird.
- Dezentral, kollektiv und ausschließlich von den Nutzer*innen selbst betrieben wird.
- Sicheren Datenschutz bei Inhalts- und Metadaten gewährleistet.
- Sehr einfach zu installieren und zu bedienen ist.
- Interoperabilität mit anderen Plattformen und einen Umzug von Profilen schnell, einfach und überzeugend ermöglicht.
Wir rufen alle Internet-Nutzer*innen auf, sich mit dem Ziel der Etablierung vertrauenswürdiger Kommunikationstechnologien zu organisieren und diese breit zu nutzen!
Wir rufen alle Software-Entwickler*innen auf, vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie verfügbar zu machen!
Wir rufen alle Entscheidungsträger*innen auf, vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie zu fördern!
Wir rufen alle Lehrenden und Kunstschaffenden auf, Bewusstsein zu schaffen für den Umgang mit persönlichen Daten!
Nehmen wir unsere Geschicke selbst in die Hand!
Initiatoren:
- Jorgo Ananiadis (Politiker und Netzaktivist)
- Kai Bösefeldt (Software-Entwickler, Initiator des Straightway-Projektes)
- Dr. Patrick Breyer (Mitglied des Europaparlaments)
- Anke Domscheit-Berg (Mitglied des Deutschen Bundestages)
- Saskia Esken (Mitglied des Deutschen Bundestages)
- Adrienne Fichter (Journalistin)
- lic. iur. Viktor Györffy (Rechtsanwalt)
- Michael Hausding (Vorstand Internet Society Switzerland)
- Dr. Andrea Herrmann (Vertretungsprofessorin an der FH Dortmund; Herrmann & Ehrlich)
- Hernâni Marques (Stiftungsrat p≡p foundation)
- Piratenpartei CH
- Peter Schaar (Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), Berlin; Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit a.D. (2003-2013))
- #TEAMHUMAN
- Marina Weisband (Publizistin, Künstlerin)
- Peter Welchering (Journalist)
Das ist die Schreibweise, auf die sich die Initiatoren des Manifestes geeinigt haben.
Wie sollte es denn bitte geschrieben werden?
Werner Niedermeier
Bitte gib mal ein Beispiel!
So, wie es die letzten > 50 Jahre immer geschrieben wurde. Ganz einfach!
Hier geht es um Internet Freiheit und nicht irgendwelche Gender Themen. Wenn das für euch ein wichtiges Thema ist dann diskutiert das bitte woanderst anstatt ein Netzpolitisches Thema dafür zu kapern.
Geht es denn um formale Äußerlichkeiten oder vielleicht doch eher um den Inhalt des Textes?
Ich empfinde das Gendern persönlich auch als eine Verballhornung der Sprache. Man sollte es einfach lassen. Aber wie gesagt – die PIRATEN hatten es allein nicht in der Hand, den Text ggf. ohne Sternchen und „innen“ zu verfassen. Ob sie es getan hätten – ich bin mir nicht sicher und es ist mir auch gar nicht so wichtig. Inhalt geht vor Form und der Inhalt des Manifests ist für mich in Ordnung. „Facebook zur Öffnung ihrer Plattform zwingen“ – nette Idee, vielleicht sogar politisch irgendwann durchsetzbar; ein paar weitere Skandale später …
Aber wie wär’s denn, wenn man die Nutzer*…. einfach mal selbst darüber nachdenken, andere Plattformen zu verwenden? Es gibt doch welche. Die Piratenpartei könnte die empfehlen und mit gutem Beispiel voran gehen. Aber ich weiß schon: Facebook ist so schön bequem und funktioniert auch so super.
Und wenn’s nicht um Information, sondern um stoffliche Dinge geht, benutzen wir liebend gerne Alexa. Is ja auch so bequem. Gibt’s eigentlich auf dem nächsten BPT wieder Amazon-Gutscheine?
Apropos dezentrale Plattformen, ich bin Pirat und warte nun schon sehr lange auf eine entsprechende Instanz auf Mastodon.
Seit dem unnötigerweiseder „Todesstern“ (Nutzer*innen) benutzt wird ist die Piratenpartei nicht mehr ernst zu nehmen. Zum Glück bin ich von dieser „grünnen Genderparteikopie“ vorher ausgetreten.
Trotzdem schade was aus der Piratenpartei geworden ist …