Der Anschlag von Solingen war eine schreckliche Tat, die auch aufzeigt, dass es Probleme gibt, die dringend angegangen werden müssen. Doch die Maßnahmen der Bundesregierung gehen ins Leere oder sogar in eine falsche Richtung und entbehren auch jeglicher kausalen Begründung.

Nach jeder medienwirksamen Gewalttat treten sofort Politiker auf die Bühne, die das Waffenrecht verschärfen wollen. Und genau so regelmäßig zeigen sie damit, dass sie die existierenden Gesetzslage und auch fehlende Zusammenhänge ignorieren. Wahrscheinlicher ist es daß es sich eher um Profilierung handelt nach dem Motto “wir haben sofort gehandelt!”. Geltendes Recht verbietet bereits seit das einsatzbereite Mitführen von Messern mit einer Klingenlänge von mehr als 12 cm in der Öffentlichkeit [1] und auf Veranstaltungen generell [2]. Überflüssig zu betonen, daß Mord und gefährliche Körperverletzung grundsätzlich schwere Straftaten und damit verboten sind. Offensichtlich ist den Protagonisten nicht klar, dass solche Regeln dazu da sind, bestrafen zu können, was vernünftige Menschen von sich aus nicht tun.

Immer, wenn ein Gesetz über das hinaus geht, was logischerweise verboten sein soll, beginnt es die normalen Bürger einzuschränken und ist für Verbrecher nur eine weitere Regel, die ignoriert wird. Die geplante Verschärfung wird genauso wenig einen Täter davon abhalten, das Gesetz zu übertreten, wie es die aktuelle Rechtslage tut. Ein Waffenverbot kann immer nur die Eskalation eines spontan entstehenden Streits verhindern, indem die Beteiligten unbewaffnet sind. Wer einen Anschlag plant wird sich nicht von einem Waffenverbot aufhalten lassen, solange dieses Verbot nicht mittels Kontrollen durchgesetzt wird. Doch auch dann werden Attentäter andere Wege finden. Aber auf einem Fest dürfte dann nicht mal der Kuchen geschnitten werden, zumindest nicht ohne eine waffenrechtliche Ausnahmegenehmigung. Als Rucksacktourist in der Bahn dann in Zukuft nur noch ohne Essbesteck und auch als Pfadfinder, Angler oder Spaziergänger im Wald sollte man sich nicht mehr mit dem ausgepackten Brotzeitmesser erwischen lassen, um nicht in den Bereich der Straftat zu fallen. Wer also dachte, dass die aktuellen Regeln zu weit gehen, die beispielsweise das billige Teppichmesser mit der Abbrechklinge von der Baumarktkasse als Einhandmesser einstufen, das nicht geführt werden darf, dem sei gesagt, es geht noch viel schlimmer [3].

Das vorliegende Gesetzespaket ist nicht einfach nur Symbolpolitik, es ist ein massiver Eingriff in den Alltag von gesetzestreuen Bürgern. Es geht nicht darum, wie man die Bürger sinnlos einschränken kann, sondern wie solche schrecklichen Taten wie in Solingen verhindert werden können. Und dazu hilft es nicht, etwas das ohnehin verboten und strafbewehrt ist noch mal zu verschärft verbieten und dabei völlig friedfertige Dinge mit vom Tisch zu fegen. Dem zugrunde liegt eine verantwortungsvolle Gesetzgebung, die die Kausalitäten im Blick hat sowie ein Strafverfolgungssystem, daß bestehende Regelungen schnell und wirksam umsetzt bzw. Verstöße ahndet.

Was wir wirklich brauchen, sind Politiker, die an Problemlösungen interessiert sind und nicht nur daran, das nächste Wahlergebnis noch ein kleines Bisschen zu retten. Keine der geplanten Änderungen im Waffenrecht hätten die Tat von Solingen (und ähnlich gelagerte) verhindert. In einer freien Gesellschaft sind wir auf ein freiwilliges friedliches Miteinander angewiesen. Dies umzusetzen ist Aufgabe der Politik.

Guido Körber

Quellen:

[1] Waffengesetz (WaffG) §42a Abs. 1.3: https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/BJNR397010002.html

[2] WaffG §42: “(1) Wer an öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen teilnimmt, darf keine Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 führen. Dies gilt auch, wenn für die Teilnahme ein Eintrittsgeld zu entrichten ist, sowie für Theater-, Kino-, und Diskothekenbesuche und für Tanzveranstaltungen.”

[3] Kleinmesser ist illegal, weil einhändig zu öffnen: https://jagdrecht.de/waffenrecht/messer-dekorwaffen-anscheinswaffen/einhandmesser-verbotene-waffe-nach-%C2%A7-42-a-waffg/