Das Thema ist zwar schon ein paar Tage alt, aber bei weitem nicht abgeschlossen. Der Handelsstreit zwischen China und den USA schwelt weiter und im Zuge dieser Auseinandersetzung brachte China Seltene Erden als Waffe in Stellung; nicht zum ersten Mal seit 2010. Aufgrund der aktuellen, immer mehr von Protektionismus geprägten Situation der Weltwirtschaft müssen die Ankündigungen der chinesischen Administration, Exportkontrollen für Seltene Erden zu verhängen, allerdings ernster genommen werden als noch vor ein paar Jahren. Ende Mai 2019 drohte China den USA sogar mit einem Lieferstopp.
Was versteht man unter Seltenen Erden und für was werden sie eingesetzt?
Unter dem Begriff Seltene Erden werden 17 verschiedene chemische Elemente (Scandium, Yttrium und alle Lanthanoide) zusammengefasst, die sehr ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften besitzen; Eigenschaften allerdings, die für ihren Einsatz vor allem in der Hochtechnologie bedeutsam sind. Ohne Seltenerdmetalle wären Brennstoffzellen, LEDs, Plasmabildschirme, Smartphones, Laser, Dauermagnete (vor allem für Windkraftanlagen in größerer Menge benötigt), Kernspintomographen, Festplatten, Radar und vieles andere mehr nicht denkbar.
Die Begrifflichkeit „Seltene Erden“ ist etwas missverständlich und geht darauf zurück, dass die metallischen Elemente aus seltenen Mineralien gewonnen werden, die man früher gerne als „Erden“ bezeichnete. So selten wie der Begriff vermuten lässt, sind die Elemente in der Erdkruste gar nicht, sie sind nur sehr gut verteilt. Selten sind demnach nur die wirtschaftlich ausbeutbaren Lagerstätten. Nennenswerte, ökonomisch verwertbare Vorkommen, mit denen man den Weltbedarf durchaus decken könnte, gibt es neben China in Australien, Brasilien, Vietnam, Grönland, Kanada, Nordkorea, Malaysia, Russland und anderen Regionen der Welt.
Monopolstellung Chinas
Vorkommen sind die eine Sache, Produktionszahlen eine ganz andere. Bei diesen liegt China vor allen anderen Ländern der Welt. China hat seit mindestens 10 Jahren die absolute Monopolstellung in der Produktion inne. Australien hält zwar in den letzten Jahren mit deutlichen Zuwachsraten der Förderung dagegen, allerdings bei vergleichsweise geringen eigenen Reserven.
Wie konnte China seine derzeitige Position erlangen? Mit dem Ende des Kalten Krieges ging auch die Ära des Abbaus von Seltenen Erden in den USA zu Ende – die Mountain Pass Mine wurde 2002 endgültig geschlossen. Die Gründe für die Schließung waren der Preisverfall durch die Auflösung der strategischen Reserven an Seltenen Erden, die bereits bestehende Konkurrenz mit China sowie ein schwerer Unfall, der u.a. Umweltauflagen nach sich zog, die nicht mehr kostendeckend erfüllbar waren. Der Abbau in der Mountain Pass Mine, die über Jahrzehnte die Weltproduktion an Seltenen Erden dominierte, wurde beendet und die damit einhergehende Umweltzerstörung nach China verlagert. China übernahm seine Monopolstellung demnach nicht völlig aus eigener Kraft, sondern schlicht durch die Marktmechanismen unserer globalisierten Welt.
Ein weiterer Aspekt hierbei: Neben der eigentlichen Förderung versucht die chinesische Administration, die komplette Wertschöpfungskette hinsichtlich der Seltenen Erden unter Kontrolle zu bekommen. So müssen anderswo abgebaute Seltene Erden inzwischen z.T. zur Weiterverarbeitung nach China gesandt werden. Hier ist eine langfristige chinesische Hochtechnologiestrategie erkennbar
Gegenläufige Entwicklungen
Wenn der Druck auf andere Staaten und nichtchinesische Abnehmer zu hoch wird, kommt es zwangsläufig zu Entwicklungen, die einer bestehenden Monopolstellung entgegenwirken.
Wie schon erwähnt, hat Australien seine Förderung seit 2014 deutlich erhöht. Neue Vorkommen werden u.a. in Grönland und sogar in Deutschland (Delitzsch, Sachsen) erschlossen. Die Mountain Pass Mine ist seit 2018 wieder in Betrieb. Allerdings sind die Erschließung neuer Fördermöglichkeiten oder die Wiederinbetriebnahme von Minen eher Projekte, die Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Kurzfristig wird das chinesische Seltenerdmonopol also nicht zu brechen sein. Milderung könnte allenfalls verstärktes Recycling bringen, das aber aufgrund der chemischen und physikalischen Eigenschaften der Metalle recht aufwändig ist. Gleichzeitig gibt es Entwicklungen, die darauf abzielen, die für die Herstellung bestimmter Produkte notwendigen Materialeigenschaften ohne Einsatz Seltener Erden zu erreichen. Not macht erfinderisch.
Parallelen zur Ölkrise tun sich auf; durch den Handlungsdruck wurde die Abhängigkeit von der OPEC zurückgefahren.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die chinesische Industriepolitik zeichnet sich durch langfristiges, vorausschauendes und strategisches Vorgehen aus. Sie ist auf die Unterstützung wichtiger Schlüsselindustrien ausgerichtet und eröffnet damit Möglichkeiten, diese Softpower auch in Bezug auf andere Politikfelder einzusetzen. Diesen Fakt nüchtern anzuerkennen, heißt nicht, die Situation hinsichtlich der Menschenrechte in China zu ignorieren.
Der „Westen“ wiederum hat (nicht nur) hinsichtlich Seltener Erden einige Entwicklungen verschlafen und kommt deshalb mehr und mehr in Zugzwang.
Weitere Quellen:
ntv vom 30.Mai 2019: China macht seine Superwaffe scharf
U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries, February 2019: RARE EARTHS
Der Westen kann einpacken da es hier an der politischen Kompetenz und am Willen fehlt die technologische Führerschaft gegen Asien zu behaupten, z.B. durch Investitionen in Digitalisierung und KI. Zumindest die EU/Deutschland hat hier den Anschluss schon mächtig verloren und das wird sich wohl auch bald in Form von sinkendem Wohlstand sehr deutlich zeigen.
Die chinesische Stellung im bereich seltener erden ist da lediglich ein weiterer Sargnagel.