Die Plattform für digitale Freiheitsrechte netzpolitik.org hat in Zusammenarbeit mit weiteren NGOs einen illegalen Export deutscher Überwachungssoftware aufgedeckt. Das Münchener Unternehmen FinFisher entwickelt seit Jahren Trojaner, sowie andere Spionage- und Schadsoftware für staatliche Behörden, die unter anderem an das deutsche Bundeskriminalamt verkauft werden. FinFisher-Software, wie etwa der Trojaner FinSpy, werden regelmäßig an autoritäre Staaten wie Ägypten, Venezuela und Saudi-Arabien verkauft. Seit 2015 benötigt der Export derartiger „Produkte“ allerdings eine Genehmigung der Bundesregierung.
Gegenstand der Strafanzeige ist eine betrügerische Website für Oppositionelle in der Türkei. Die sogenannte Adalet-Website dient als Honigtopf. Sie soll Oppositionelle dazu verleiten, eine Adalet-Android-App auf ihren Smartphones zu installieren, um sich untereinander besser vernetzen zu können. Die App spioniert jedoch sämtliche Aktivitäten der Benutzer aus und sendet die Informationen mutmaßlich an den türkischen Staat. Teile des Quellcodes der Website sind praktisch identisch mit Teilen der Malware FinSpy. Da es bisher keinen bekannten Leak des vollständigen Finspy-Quellcodes gibt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich die Betreiber der Website den Code beschafft haben, ohne FinFisher dafür zu bezahlen. Die Bundesregierung hat jedoch seit 2015 keine Erlaubnis für den Export solcher Schadsoftware in die Türkei erteilt, weswegen nun das Zollkriminalamt gegen die Firma strafrechtlich ermittelt.
Wir Piraten begrüßen diese Strafanzeige außerordentlich und hoffen auf einen schnellen und erfolgreichen Prozess. Dass deutsche Unternehmen autoritären Staaten Werkzeuge zur Unterdrückung freiheitlicher und demokratischer Bewegungen in die Hand geben, ist bereits skandalös genug. Dass dies anscheinend auch noch auf kriminellen Wegen geschieht, verurteilen wir aufs Schärfste. Durch solche fragwürdigen Dienstleistungen geraten weltweit Aktivisten in die Gefahr von Repressionen, Inhaftierungen und werden möglicherweise sogar mit Folter und Tod bedroht. Wir bedanken uns bei netzpolitik.org, der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Reporter ohne Grenzen und der European Center for Constitutional and Human Rights für ihre geleiste Arbeit zur Aufdeckung dieses Skandals.